ökononie-dahoam-in-bessarabien

ökononie-dahoam-in-bessarabien Das baldige Ende des Winters verkündeten die immer länger werdenden Tage und kürzeren Nächte. Voller Hoffnung auf ein ertragreiches Jahr waren die Gedanken des Bauern auf seinen landwirtschaftlichen Betrieb ausgerichtet.

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Landwirtschaftliches Gefährt

Für den Ökonom galt es nun die richtige Saat aus seinen Getreidesorten auszuwählen, diese sorgsam von dem Unkrautsamen zu trennen und gesondert für die Aus-Saat zu lagern. Denn nur ein sorgfältiges Verteilen der Saatgüter, die Planung und Berechnung der richtigen Menge für die Größe der zu bestellenden Felder, versprach einen maximalen Ernteertrag. Natürlich hing ein reichliches Aufgehen der Saat mit seinem Wachstum, selbst bei sorgfältigster Vorbereitung, von den jeweiligen Witterungsverhältnissen in Bessarabien, mit seinem Kontinental-Klima, während der Wachstumsphase ab.

ökononie-dahoam-in-bessarabien . Die Ernährung seiner großen Familie hatte oberstes Gebot. Zu deren Absicherung wurde vorrangig eine von ihm kalkulierte Bevorratung unangetastet beiseite gelegt. Erst jetzt wurde das restliche Getreide für die Aussaat und den Verkauf zu guten Marktpreisen deponiert. Hier konnte er seine Fähigkeiten durch geschicktes Verhandeln unter Beweis stellen.

Bessarabische Weine

Ebenso ökonomisch wurde mit dem Wein-Depot aus seinem Erdkeller verfahren. Denn dort lagerten in großen Weinfässern beste bessarabische Weine der süßesten Trauben. Prall und vollmundig reiften sie an den sonnigen Hängen in den deutschen Kolonien. Diese Weine waren im ganzen Land und darüber hinaus bestens bekannt und fanden reißenden Absatz.

Mit dem Maisrebbler das Welschkorn entkörnen

Welschkornhaus mit MaisRebbler

ökononie-dahoam-in-bessarabien. Eine weitere Herausforderung für den Bauern war die Bewältigung des getrockneten Maisvorrats. Mit großem körperlichen Einsatz wurde diese Arbeit bewältigt. Dafür war es notwendig die getrockneten Maiskolben aus dem Welschkornhaus herbeizuschaffen und diese durch den Maisreppler, zum Ablösen der Körner, zu drehen. Für diese schwere und harte Arbeit wurden mindestens drei Personen zum Bedienen der Maschine benötigt. Sorgfältig wurde auch hier zuerst der Eigenbedarf ermittelt und dafür eine ausreichende Menge zurückbehalten. Der Überschuss konnte nun auf dem Markt meistbietend angeboten werden.

Sämtliche Wirtschaftsgeräte mussten nun noch auf eine eventuelle Instandsetzung vom Bauern überprüft werden. Eine große Herausforderung, denn diese erforderte ein großes handwerkliches Geschick und fachkundiges Handeln! In vielen unterschiedlichen Gewerken musste er sich beweisen. So zum Beispiel reparierte und flickte der Bauer auch an seinem Sattlerstuhl sein Pferdegeschirr. In der Regel bewerkstelligte er sämtliche Arbeiten ohne fremde Hilfe und bereitete alles auf den nächsten Einsatz vor.

Reduzierung der Tierkapazitäten in den Stallungen

Tierzucht auf dem Bauernhof

In seinen Stallungen war es notwendig eine Tier-Bestandsaufnahme und eine Reduzierung durch die Wintergeburten einzuleiten. Ganz nach Größe des Stallgebäudes wurde die Stückzahl der Fohlen, Kälber und Lämmer ermittelt und ein erforderlicher Abverkauf auf dem großen Bauernmärkten im Frühjahr, in Arzis und Tarutino, geplant. Mit einem prüfenden Blick auf den Zustand seines Wagens musste abgewogen werden, ob dieser noch zukünftigen Einsätzen gewachsen war. War dieses nicht mehr gewährleistet, entschloss er sich kurzerhand zum Verkauf desselben. Bei den besten bessarabiendeutschen Wagenbauern in Teplitz, Alt-Postal oder Wittenberg, war es kein Problem schnell einen neuen Wagen zu erstehen.

Nach Abschluss aller Planungen, Vorbereitungen und Reparaturen, konnte der Ökonom noch etwas Ausruhen und Kräfte sammeln.

Mit großer Ungeduld wartete er nun auf seinen Einsatz, – ökononie-dahoam-in-bessarabien – im Frühjahr!

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Dahoam – mit Pudelkapp und Fell-Gamaschen

Dahoam-mit-pudelkapp-und-fell-gamschen

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Kalt war der Winter „Dahoam in Bessarabien“. Soweit das Auge reichte zeigte er sich in einem schneeweißen Kleide. Über Wochen bedeckte eine dicke Schneedecke die weite Steppe. Dahoam-mit-pudelkapp-und-fell-gamaschen, in den deutschen Kolonien Bessarabiens. Die breiten und langen Chausseen in den Dörfern boten dem eisigen Wind einen kraftvollen Atem. Ungestüm pfiff er den Menschen unter ihrer wärmenden Pudelkapp um die Ohren.  Den Menschen rieb er rote Wangen ins Gesicht. Diese Färbung wurde allgemein als gesunde Gesichtsfarbe gedeutet, besonders wenn noch ein dicker Pelz den Körper warm umhüllte. Für trockene

warme Füße und Beine, sorgten lange Fell-Gamaschen über dem Schuhwerk. Sie boten Schutz vor Frost und Schnee.

Dahoam-mit-pudelkapp-und-fell-gamaschen.

Viel zu hart war die Arbeit innerhalb des Jahres und nun wo die Feldarbeit ruhte, konnte sich der Bauer eine kurze Atempause gönnen. Besonders hingebungsvoll widmete er sich jetzt mit einer besonderen Fellpflege „seinen geliebten Pferden“. Sie waren seine „treuesten Freunde“ und wurden von ihm mit bestem Futter versorgt. Nach getaner Stallarbeit hatte er Zeit und Muße sich im Laufe des Tages mit seinen Freunden, Nachbarn und Bekannten auszutauschen.

Mit Pudelkapp und Fell-Gamaschen

fühlte er sich dem stärksten Schneesturm gewachsen. Bei seinen Besuchen erfuhr er Neuigkeiten aus der Gemeinde, tauschte sich über die Bearbeitung seines Ackerbodens aus oder erfuhr die neuesten Meldungen der soeben eingetroffenen Zeitung. Es wurde diskutiert und ausgetauscht. Und um die Freizeit so richtig zu genießen, zeigte sich die Bauer einer Einladung gegenüber einem guten Tropfen Wein, nur selten abgeneigt. Es konnte geschehen, dass bei dieser Gelegenheit Zeit und Raum und die wartenden Lieben „Dahoam“ vergessen wurden.

dahoam-mit-pudelkapp-und-fell-gamaschen

dahoam-mit-pudelkapp-und-fell-gamaschen                             Einen guten Vorrat besten Weines, aus dem eigenen Weinberg, konnte jedes bäuerliche Anwesen sein Eigen nennen. In großen Fässern lagerte der Wein in ihren tiefen Außenkellern und wartete auf die Verkostung. Damit bestens versorgt, durfte der Winter auch mal gern etwas länger dauern. Diese Annehmlichkeiten der Winterzeit entschädigten so manchen Bauern für die großen Anstrengungen und Entbehrungen, der vergangenen Monate.

Dahoam-mit-Pudelkapp-und-fell-gamaschen.

Die Bäuerin hatte es im Winter umso schwerer

mit ihrer Großfamilie. Die Fertigstellung einiger Arbeiten während des laufenden Jahres, mussten aus Zeitmangel auf die Wintermonate verschoben werden. Zu den ohnehin täglichen Aufgaben wie das Reinemachen, Kochen, Waschen, Flicken und Stricken, gesellte sich in den Wintermonaten das Verarbeiten der Wolle mit Spinnen und Weben u. v. m.  Der gebrochene Flachs und Hanf aus der Sommerernte wartete auf seine Verarbeitung. Das unermüdliche Surren des Spinnrades war im ganzen Haus zu hören. Säcke für die Erntevorräte, Strohsäcke für die große Familie und Plachten für den Dreschplatz mussten gewoben und genäht werden. Fast ununterbrochen lief der in der Küche aufgestellte Webstuhl. Zu den absoluten Pflichten einer Hausfrau in Bessarabien gehörte das Weben. Es war ein lebenserhaltenes  „MUSS“ dieses Handwerk frühestmöglich an die heranwachsende Tochter weiterzugegeben, das Handwerk zu erlernen. Seit dem Sommer warteten Berge an bereits gewaschener Schafwolle auf ihre Veredelung und die unterschiedlichste Verarbeitung. Strickkleidung, Häkelarbeiten, Steppdecken, handgewebte feine Stoffe, Läufer, Fußteppiche und Klöppelarbeiten mussten daraus hergestellt werden. Unermüdlich reihte sich eine Arbeit an die andere.

Die Hände der Bäuerin und Töchter fanden im Winter keine Ruhe.

Bei all ihrem Einsatzes verstanden es die Frauen in Bessarabien dennoch herrliche und unvergessene Winterabende zu arrangieren. Verabredungen, teilweise mit dem Ehemann und dem Spinnrad oder dem Strickzeug unter dem Arm, bei Freunden, Nachbarn und Bekannten wurden am Abend mit gebratzeltem Mais (in heißem Sand gebratene Maiskörner) und beim Sonnenblumenkörnernknacken sehr genossen.  Gred wurd über des und sell“ und vor allen Dingen wurde das eine oder das andere Lied gesungen. So z. B. folgendes: „Ich bin das ganze Jahr vergnügt.….“ etc.. Spätestens, wenn die Uhr dann 22 oder 23 Uhr angezeigte, verabschiedete man sich in dem Bewusstsein  „wieder einen schönen Abend verbracht zu haben“.

Unerschütterlich und getragen von Hoffnung und Glauben, fest verankert in ihrem deutschen Gemeinwesen von „Dahoam, dem Großdeutschenreich“, lebten und arbeiteten die Bessarabiendeutschen in der Fremde, bis zu ihrer Umsiedlung, im Jahre 1940. https://www.facebook.com/christa.hilpert.7

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Bessarabien im Winter

Wintervergnügen in Bessarabien

Bessarabien im Winter

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bessarabien-im-winter  Das man mit einem baldigen Wintereinbruch rechnen musste, erkannte man an den schnell hervorgeholten Karakulfellmützen der Bauern. Väterchen Frost wollte Einzug halten! Über Nacht hatte sich der Übergang vom Spätherbst zum Winter vollzogen. Ein eisiger Ostwind aus der weiten Steppe Russlands fegte ungebremst in die Kolonien. Dieses vollzog sich innerhalb von wenigen Tagen und verwandelte „Bessarabien im Winter“ zu einer Oase der Ruhe. Schon nach wenigen Tagen brach reichlich Schnee und Eis über die Dörfer und Felder herein und hüllte Bessarabien in ein weißes Kleid.

Viel zu hart war die Arbeit innerhalb des Jahres und nun wo die Feldarbeit ruhte, freute man sich auf eine kurze Atempause und ein wenig Freizeit zum Kräftesammeln.bessarabien-im-winter. Das Wintervergnügen konnte beginnen. Dazu zählte auch das „Schlittenfahren“. Mit ihren stärksten und schönsten Pferden. Dick eingepackt, mit Pelzmütze, Fahrpelz und speziellen Filzstiefeln, lenkte der Bauer sein Pferdegespann durch den harschen Schnee.

Des Bauern ganzer Stolz: „Seine Pferde“

Ein besonderer und für viele unvergessener Zauber, ging von den abendlichen Schlittenfahrten aus. Bei Mondschein und einem über und übervollen Sternenhimmel mit unzähligen weiten und ganz nahen Sternen. Unter Sternen wie leuchtende Diamanten, glitt der Schlitten lautlos und von des Bauern schönsten Pferden gezogen, durch die schneebedeckte Landschaft. Nur ein zartes Glöckchen an eines der Pferdegeschirre befestigt, klang durch die Nacht.

Gern und voller Stolz präsentierte sich der Bauer mit seinen schönsten Trabern in der Öffentlichkeit. Mit der Bäuerin und den Kindern machte er gern Familienbesuche in den Nachbarkolonien.

bessarabien-im-winter.  Spaß für Jung und Alt

bessarabien-im-winter  Seiner oft großen Kinderschar widmete sich der Bauer an Nachmittagen mit einer närrischen Schlittenfahrt durch das Dorf.

In große Pelzdecken gehüllt zeigten die großen und kleinen Fahrgäste mit einem breiten Grinsen, ihre Freude an diesem Wintervergnügen.  bessarabien- im-winter. Pferde und davon hatte der Bauer mindestens zwei bis zehn oder mehr, waren sein bester und treuester Freund. Er verwöhnte sie mit bestem Futter und widmete sich der Pflege ihres glänzendes Felles.

Dieses Statussymbol vergleiche ich mit dem heutigen Stolz junger Männer oder Familienoberhäuptern jeden Alters, über ihren technischen Fahruntersatz unserer Zeit. Unvergessene Tage verbrachten die Kinder im Schnee, tummelnd auf dem Hof oder mit dem Schlitten auf der Straße. Auf den zugefrorenen sich durch das Tal schlängelnden Flüssen, vergnügten sich die Größeren beim Schlittschuhfahren.

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Silvester in Bessarabien

Was an Silvester in Bessarabien mit einem Abendgottesdienst mit Abendmahlfeier in ihren Kirchen geschah, war ein nicht nur feierliches, sondern  eindrucksvolles, erhebendes und hohes rituelles Erlebnis. silvester-in-bessarabien-2

Silvesterstimmung in einer KolonieAufbruch an Silvester in einer Kolonie

Um das „Heilige Mahl“ am letzten Abend des Jahres in ihren Gotteshäusern zu empfangen, versammelte sich die Gemeinde um den „Altar Gottes“. In schwarz gekleidete Kolonistenfrauen und Männer, brachten tief bewegt ihr Anliegen vor Gott. Gebete zur Vergebung der Sünden und Fürbitten um neue Kraft und Hoffnung für das kommende Jahr.

Bereit den Jahreswechsel zu vollziehen, versammelten sich kurz vor Mitternacht, in demutsvoller Haltung, auf dem freien Vorplatz ihrer Kirche, alle Gemeindeglieder erneut. Einsatzbereit hatte sich der Kirchenchor auf dem großen Treppenportal des Gotteshauses aufgestellt. Hoch droben im Kirchenturm wartete ebenfalls die Musikkapelle auf den Start. Unmittelbar vor Mitternacht war es dann soweit! Die Blaskapelle hatte ihren Einsatz. Vom Kirchturm herab und weit über das Land hinaus erklang das Jahresausklangslied. Unter lautem Glockengeläut erfolgte nun die Verabschiedung des alten Jahres. Demutsvolle Stille prägte die Versammlung während der anschließenden Schweigeminute, bis zwölf gewaltige Glockenschläge die ergreifende Stille durchdrang. Eine weitere Schweigeminute folgte.

Silvester in Bessarabien

Unter dem Einsatz von nun allen Glocken wurde das „Neue Jahr“, begleitet von lautem Chorgesang, willkommen geheißen. Im stillen Bewusstsein der „Gnade Gottes“ wurde in großer Hoffnung das neue Jahr begrüßt.

Unter diesen ergreifenden Eindrücken, löste sich die Gemeinschaft auf. Nach dem Austausch von besten Neujahrswünschen trat man den Heimweg an. Bis zum letzten Jahrzehnt vor der Umsiedlung, erfolgte der Ausklang dieses heiligen Rituals in ernster Besinnung, im Familien- und Freundeskreis,, .

Die Jugend und die Jäger ballerten und knallten auch in Bessarabien um die Wette. Dazu dienten selbstgefertigte Knallvorrichtungen, Schlüssel mit Nagelstöpseln oder Bolzen und Salpeter mit darin selbstgemachtem Pulver. Nur die Jugend feierte in der Neujahrsnacht im engeren Freundeskreis. Allerdings aber nur in wenigen Kolonistendörfern. vorfahren-weihnachten-in-bessarabien/

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Die für das neue Jahr überbrachten Glück- und Segenswünsche wurden am Neujahrstag von Besuchern aus den Nachbardörfern im Haus erwartet oder man begab sich selbst in befreundete Häuser.

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© 2017 Christa Hilpert-Kuch
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Vorfahren. Weihnachten in Bessarabien

So feierten unsere Vorfahren Weihnachten

Das verschneite Kirchenportal in Arzis lädt ein zur besinnlichen Einkehr, zum Weihnachtsfest Weiße Weihnacht in BessarabienVorfahren-Weihnachten-in-Bessarabien. Lebensformen wirken oftmals mehr als Gesetzesparagraphen im Zusammenleben verschiedener Völkerschaften, wie in Bessarabien. Religiöse Menschen haben Wertevorstellungen und diese nehmen eine wichtige Rolle in ihrer Lebensgemeinschaft ein. So war das Denken und Handeln in Bessarabien von tiefer Religiosität geprägt. Ihre Kirchen bildeten stets die größten Erhebungen in ihren Dörfern. Von ihren Kirchentürmen rief bis in die weite Steppe hinaus tief und dunkel die große Glocke, dann folgte die mittlere und zuletzt die kleinste Glocke, mit ihrem hellen Ton.

Ein ganz besonderer Höhepunkt in dem so arbeitsreichen Leben waren die Weihnachtsfeiertage für alle Familien in Bessarabien. Insbesondere für die Kinder, war die Adventszeit eine lange Zeit der Vorfreude auf das bevorstehende Fest. https://www.bessarabien.blog/silvester-in-bessarabien-2

Aber auch den Erwachsenen half die Freude auf ihr schönstes Fest des Jahres, ihr schweres und arbeitsreiches Leben zu ertragen und über so manche Sorgen des Jahres hinweg. Dann konnte man ausruhen und die Verwandten besuchen, gutes Essen kochen und Kekse für die Liebsten backen. Dafür wurde wirklich in vielen Häusern gespart! Wenigstens an Weihnachten wollte man füreinander da sein. Dann machte man gern Ausflüge mit dem Pferdeschlitten und Besuche von Haus zu Haus. Aber vor allem war es ein besonderes Fest für ihre großen Kinderscharen. Wenngleich das Angebot an Spielzeug nicht so umfangreich  war, so gab es doch viele Dinge, die ein Kinderherz erfreuten. Puppen, Tiere aus Porzellan und Stoff, Wiegen, kleine Möbel und vieles, vieles mehr…  Es war eine ereignisreiche und geheimnisvolle Zeit. Schon bereits im Oktober wurden Gänse und Schweine für das Fest geschlachtet. Im Dezember wurde wirklich einen ganzen Monat mit dem großen Backofen gebacken und gekocht. In jedem Haus duftete es nach Weihnachten, denn bis zu 15 Sorten Beigeles wurden in der Weihnachtsbäckerei hergestellt. Allerdings einen Adventskranz, so wie es bei uns Brauchtum ist,  haben die Bessarabiendeutschen damals nicht gekannt. Auf den Tannenbaum wollte man aber nicht verzichten. Voller Sehnsucht wurden von den Kindern die Weihnachtsgeschenke von „Doda und Döde“, ihren Paten, erwartet.

So war für so manchen kleinen Buben zwischen vier und sechs Jahren das Reitpferd der höchste Wunschtraum. Mit großer Ausdauer und Liebe wurde so ein Pferd entweder vom Vater selbst oder unter Mithilfe eines geschickten Bastlers aus Holz gefertigt und dann mit Kalbsfell bezogen. 

Weihnachtszauber in Bessarabien

Der Anblick des glanzvoll geschmückten Weihnachtsbaumes in der Kirche oder Zuhause verzauberte die Kindergesichter und ließ diese hell erstrahlen. Das Erscheinen des Christkinds mit seinem weißen Kleid und Schleier war der Höhepunkt des „Heiligen Abends“. Er wurde herbeigesehnt, denn es läutete die Bescherung ein. Rasselnde Kettengeräusche draußen vor der Haustür trieben so manchem Kind große Schauder über den Rücken. Es war der gefürchtete Pelzmärte – „ein roher Geselle“. Den braven Kindern legte er Äpfel und Nüsse unter das Fenster. Erst wenn die Kinder seinen Besuch unbeschadet überstanden hatten, konnten sie sich voller Freude ihren Geschenken und all den Kostbarkeiten, wovon man das ganze Jahr geträumt hatte, hingeben. Der erste Weihnachtstag war geprägt von Gottesdienst und Krippenspiel der Schüler. Am zweiten und dritten Weihnachtstag besuchte man sich gegenseitig und bewirtete die Gäste mit allem, was das jeweilige Haus hergab.

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Arzis

Torbogen am Fiedhof in Arzis/Bessarabien . Der Torbogen mit der Inschrift wie einst vor der Umsiedlung ist wieder aufgestellt                      

Arzis, Kolonie No. 14

am Tschaga und Kogälnik

Arzis/Bessarabien. Die Kolonie No. 14 an der Eisenbahnlinie von Leipzig bis Akkerman-Odessa.
Mit seinem einst dominierenden Markt, den Fabriken, Handwerksbetrieben und der Landwirtschaft war Arzis ein wirtschaftlich bedeutender Flecken in Bessarabien. Der alte Marktflecken Arzis war das Gebietsamt. Ebenfalls bildete die Waisenkasse den Mittelpunkt für die Dörfer Teplitz, Paris, Brienne und Gnadental. Arzis war das Zentrum von elf ehemaligen deutschen Muttergemeinden wie u.a. Alt Elft, Neu Elft, Paris, Friedenstal, Neu Arzis und Brienne.

Zur Erinnerung an den Sieg der verbündeten Mächte über Napoleon bei Arcis in Frankreich 1816, erhielt die Steppe No. 14 ihren Namen „Arzis“ zur Gründung.          Nur langsam wichen die Ansiedlerhütten aus Lehm und Strohgeflecht den mit Rohr gedeckten Steinhäusern in der Kolonie No.14. Erst nach den furchtbaren Heimsuchungen durch die Pest im Jahre 1829 und die Cholera im Jahre 1831 erfolgte der wirtschaftliche Aufschwung mit der inneren Erneuerung der Ansiedler.

Wegen der Bodenbeschaffenheit und Lage begann man in der Kolonie Arzis mit Wald-, Obst- und Rebenbepflanzungen. Gute Ernten waren die Folge, zufriedenstellend die Qualität der Früchte und des Weines.

4290 Deßjatinen / 5362,80 Hektar Land gehörte den Alt-Arzisern. Dieses bewirtschafteten sie mit Fleiß und Sparsamkeit und ermächtigte sie zum Kauf von 660 Deßjatinen fruchtbaren Ackerlandes auf der Bulgarensteppe, die weit bessere Ernten erbrachte.

Als Marktflecken war Arzis über die Grenzen Bessarabien bekannt. An Markttagen strömten von allen vier Himmelsrichtungen aus Wolhynien, Rumänien und Bulgarien die Wagen heran. Lebhaftes Markttreiben an jedem zweiten Dienstag des Monats und später sogar an jedem Dienstag. Es war der größte Pferdemarkt in ganz Südbessarabien. Die „hell klingenden“ Teplitzer Wagen waren in ganz Südrussland bekannt.

Arzis unter Wasser

Fast alljährlich trafen zwei Steppenflüsse, der Kogälnik mit seinen über die Ufer getretenen Wassermassen aus Leipzig kommend-  und der Tschaga wie ein reißender Gebirgsstrom aus Klöstitz, mit ihren gefährlichen Wassermassen in Arzis/Bessarabien  aufeinander. Mit tosender Gewalt führte er Eisschollen, Balken, Stroh und Maisstengelschober mit sich und versetzte die friedliche Kolonie Arzis in Angst und Schrecken. Dieses Ereignis hinterließ eine große Verwüstung.

Arzis/Bessarabien. Die Kolonie No. 14 an der Eisenbahnlinie von Leipzig bis Akkerman-Odessa

Mit ihrem guten Geschäftssinn erbauten die Arziser nach dem Ersten Weltkrieg  Geschäfts- bzw. Verkaufshäuser, wodurch gute Pachteinnahmen durch ihre Vermietung und die Einnahmen von Standgebühren durch die Marktständler erzielt werden konnten. Den Gemeindegliedern brachten diese Wirtschaftseinnahmen große Entlastungen, sodass die Gehälter der Pfarrer und Lehrer sowie sonstige Abgaben fortan von diesen zusätzlichen Einnahmen beglichen werden konnten.

Arziser Bahnhofsgebäude

BahnticketEisenbahnticket von Arzis nach Odessa für Christa Hilpert-KuchBahnticket von Arzis nach Odessa für Christa Hilpert-Kuch

Hilpert-Kuch löst sich ein Bahnticket-  am Bahnhof Arzis

Einen kolossalen wirtschaftlichen Aufschwung brachte der Bau der Eisenbahnlinie von Leipzig bis Akkerman im Jahre 1915. Arzis/Bessarabien bekam eine eigene Bahnstation.

Erfolgreich bahnte Arzis seinen Weg zur einer Wirtschaftsmacht, Industriezweige entwickelten sich aus dem Handwerk. Mit seinen Millionenumsätzen hatte der Wirtschaftsverband ab 1920 seinem Sitz in Arzis und somit das wirtschaftliche Zentrum des deutschen Siedlungsgebietes.

Vertreten mit Industrie und Handel, Fabriken zur Herstellung landwirtschaftlicher Maschinen, Tuchfabrik und Färberei, Weberei, chemisches Labor, Tuchhandlung, Kurzwaren-, Uhren- und Musikfachgeschäft, Metzgereien, Lebensmittelgeschäft und Buchhandlungen.

Kirche Arzis

Bis zur Einweihung der ersten Kirche im Jahre 1838, wurde der Gottesdienst in Bauernhäusern abgehalten.

Erst im Jahre 1880 wurde eine geräumige Kirche im romanischen Stil mit 800 Sitzplätzen und einer großen Orgel erbaut. Die unübersehbaren Mauerpfeiler zur Einfriedigung der stattlichen Kirche, sind heute noch zu besichtigen.

Ebenso gehörte die Männerabteilung des Sarataer Alexander-Asyls zu Arzis. Das Männer-Asyl wurde im Jahre 1886 in Arzis errichtet und 1940, im Jahre der Umsiedlung, erweitert.

Eine hohe Priorität in Arzis/Bessarabien hatte das  fördernde Schulsystem. Bis zur Errichtung der ersten Schule im Jahre 1834, wurde in den Anfangsjahren in Bauernhäusern der Unterricht abgehalten. Schon im Jahre 1842 wurde diese erste Schule durch eine größere mit einer Lehrerwohnung ersetzt. Erweiterungsbauten folgten dann im Jahre 1859 und im Jahre 1891 mit einer zusätzlichen Küsterwohnung. Für sämtliche Lehrer wurde je eine eigene Wohnung errichtet.

Pastorat

Ein Beschluss der Gemeinde im Jahre 1930 führte zu einem mitten im Dorf erbauten großen Schulgebäude, mit sechs Klassen.

Eine beachtliche Anzahl von 17 Lehrkräften wurden im Jahre 1940 gezählt. Hinzu kam in den Räumen des ehemaligen Gebietsamtes die „Landwirtschaftliche Schule“, für die Ausbildung junger Bäuerinnen und Bauern in Bessarabien.

Mit Tatkraft und Weitblick und einer fast ununterbrochener Bautätigkeit erlangte Arzis/Bessarabien seine Größe und Bedeutung.

 

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Brienne

Brienne – Bessarabien

Christa Hilpert-Kuch am Kogälnik/Brienne, am 10. Dezember 2015

Heimat meiner Eltern und Großeltern

Inmitten eines überwältigenden Ausblicks vom „Brienner Berg“ über die kraftvolle und weite Steppenlandschaft des Budschaks erstreckt sich die Kolonie Brienne am Steppenfluss Kogelnik.

Prächtige Weingärten und fruchtbare Obstgärten rechts und links der breiten Chaussee mit den dahinterliegenden einst weißen aus dem Muschelkalkstein der Brienner Steinbrüche erbauten Häusern. Die weißen Hofmauern prägten einst die Kolonie.

Hof in Brienne

In greifbarer Nähe dahinter nur durch den Kogelnik getrennt liegt im Tale die Nachbarkolonie Arzis. Die häufigen Überschwemmungen des immer wieder über die Ufer tretenden Kogelniks konnten die Brienner im Gegensatz zu den Arzisern unbesorgt aus ihrer Anhöhe betrachten.

Der Name Brienne sowie Arzis leitete sich von den gewonnenen Schlachten durch die Verbündeten gegen Napoleon im Jahre 1812 ab. Unter dem Aufruf Katharina der Großen und Zar Alexander erfolgte im Jahre 1816  die Gründung Briennes, eine baumlose Steppe „Nr. 15“ für die Schwarzmeerdeutschen. Der Notbehelf ihrer Erdhütten wich bald massiven Steinhäusern durch den Abbau im eigenen Steinbruch der Brienner Berge. Die Einnahmen des Steinbruchs für den Hausbau in dieser Kolonie und den unmittelbaren Nachbarorten verhalfen der Gemeinde zu einem guten Einkommen. Lehm bzw. Batzenbauten gehörten in Brienne bald weitestgehend der Vergangenheit an. Ein zwischen vorderer Hofmauer und Wohnhaus angelegtes Blumengärtchen schmückte ihre Häuser.

Jeder Hof hatte eine Größe von 232 m Länge und 47 m Breite. Eine Hof- und Straßenmauer zog sich vor der mehr als 20 Meter breiten Dorf-Chaussee von Hof zu Hof und wurde nur durch die jeweiligen Hofeinfahrten mit verschließbaren Toren unterbrochen. Die Wohnhäuser mit anschließenden Wirtschaftsgebäuden lagen nur einige Meter von der vorderen Hofmauer getrennt. Eine hintere Hofmauer sicherte den Hof vor Eindringlingen. Außerhalb dieser Umzäunung befand sich der Dreschplatz, die Spreuhütte und der Strohschober mit dem Gemüse-, Obst- und Weingarten in evtl. Hanglage Richtung Arzis. Auf jeder Straßenseite der Chaussee begrenzte eine Reihe Akazien einen zwei Meter breiten Bürgersteig. Die etwa zweitausendfünfhundert m lange Dorfstraße, vom Ober- zum Unterende, führte bergab zu dem Russendorf Pawlowka, bergauf in das Schwabendorf Teplitz und über den Berg nach Neu Brienne.

Mit ihrem Steinbruch besaß Brienne 5560 Hektar Land, sodass die ersten 84 Ansiedlerfamilien jeweils 60 Hektar Land erhielten. Die Anhöhe Briennes bot alle Voraussetzungen für guten Obst und Weinanbau aber ebenso spielte die Pferdezucht eine ausschlaggebende Rolle und war oft wirtschaftlich lukrativer als die Landwirtschaft. Man sagt, nur von den Friedenstalern konnte die Pferdezucht übertroffen werden.

Beruflicher Wirkungsort meines Vaters August Kuch,  als Schreiber im Rathaus Brienne

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde durch den wirtschaftlichen Umschwung vom graublauen Steppenrind auf das das Rassevieh eine beträchtliche Neueinnahme verzeichnet. Diese Erneuerung steigerte die Milchproduktion und ebnete den Weg zur Gründung der Molkerei- und Milchgenossenschaft „Danemarka“. Mein Großvater Eduard Schell aus Brienne war im Nebenerwerb als Landwirt Angestellter dieser Molkerei. Aber auch im Handwerk wurde ein wirtschaftlicher Aufschwung verzeichnet. Dreizehn Tischlereien, vier Schmieden, drei Schlosser, acht Schuster, sieben Schneider, sechs Maurer, drei Böttcher, ein Drechsler und ein Uhrmacher wurden im Jahre 1940 in Brienne gezählt. Die zwei Kolonialgeschäfte im Ort gereichten den Briennern insofern, dass man wie selbstverständlich mit einem Gang in den nahegelegenen Marktflecken Arzis alle seine Einkäufe erledigen konnte.

Im Jahre 1839 wurde mit dem Bau einer Kirche begonnen. Durch den Ausbruch der Pest musste der Kirchenbau bis zum Jahre 1849 zwangsläufig gestoppt werden. Die Einweihung dieser Kirche verzögerte sich bis zum Jahre 1852 und war durch die zwischenzeitlich stark angewachsene Bevölkerung schon zu wieder klein. Ein neuer Kirchenbau war finanztechnisch nicht möglich, da die 9000 Rubel aus dem Kirchenbaukapital im Jahre 1904 in ein allen Anforderungen entsprechendes neues und großes Schulgebäude investiert wurden. Ein Erweiterungsbau auf dem Schulhof, die Küster- und Küstergehilfenwohnung, wurde von der Gemeinde im Jahre 1908 fertiggestellt. Erst im Jahre 1934 wurde in Brienne der Grundstein für einen großen und teilweise im gotischen Stil gehaltenen Kirchenneubau gelegt.

Der Rohbau mit den eingesetzten Fenstern war mit 1,5 Millionen Lei abgeschlossen.

Da kam im Jahre 1940 die Umsiedlung…. !

Als Hauptgemeinde gehörte Brienne seit der Gründung des Kirchspiels zu Arzis. Auch heute noch ist die Schule eine Augenweide in der Dorfmitte. Die alten Dielenbretter aus deutscher Zeit, der alte Ofen im Klassenzimmer und der Nuschnik auf dem Schulhof ist deutsche Geschichte. Fleißige Ukrainer sorgten für den Erhalt des wunderschönen Gebäudes unserer Ahnen und gaben ihm einen leuchtenden Anstrich.

Auf einer Anhöhe oberhalb des Gässles liegt der ehemalige deutsche Friedhof. Verborgen zwischen hohem Gestrüpp und Buschwerk befinden sich die Gräber unserer Ahnen. Einige Grabsteine liegen verstreut am Abhang. Über die Jahrzehnte hat die Witterung die Lesbarkeit der Inschrift beeinträchtigt, aber nicht unmöglich gemacht.

Sehr viele Häuser haben durch den soliden Steinbau die Zeit gut überlebt. Mit einem Brienner Ortsplan ist es kein Problem die ehemals deutschen Anwesen den früheren Besitzern zuzuordnen.

Viele Brienner Gesichter nach der Umsiedlung 1940, im Lager in Westpreußen

1940 im Lager, Brienner Bewohner mit meinen Familien-Angehörigen.

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Handwerk im „Bauernland Bessarabien“

Landwirtschaftliche Geräte

Landwirtschaftliche Geräte im „Bauernmuseum Kelm“ in Friedenstal Bessarabien

Handwerk  im  „Bauernland Bessarabien“

Erst in den 1840-er Jahren, den schwierigsten zwei Jahrzehnten nach der Ansiedlung, löste der eiserne Pflug den hölzernen für den schweren Boden ab. Vor allen anderen Volksstämmen verfügten die deutschen Kolonisten in Russland über diese neue eiserne Errungenschaft zur Arbeitserleichterung. Das Handwerk:  Noch wurde mit der Hand gesät. Aber die ersten Sä- und Mähmaschinen zählten erst in den 1870-er Jahren durch das Handwerk  zum festen Bestandteil der Bauernhöfe. Sie lösten dann auch die Sichel und die Sense auf dem Feld ab.

In Anbetracht der hohen Anforderungen an die Landwirtschaft mit der Erzeugung aller Rohstoffe für Kleidung, Nahrung und Wohnung der Kolonisten, nahm die Entwicklung in der Folge der Ansiedlungsjahre im Handwerk einen kolossalen Aufschwung. Unterschiedliche Gewerke bildeten sich.   Es sprudelte nur so von Ideen und Erneuerungen im Handwerk und eine ebenfalls aus dieser Not geborene Technik erfasste die Industrie. Das Gewerbe stieg explosionsartig an.  Weit über die Landesgrenzen hinaus waren die Erzeugnisse des deutschen Handwerks in Russland gefragt. Insbesondere die Wagenbauer von Teplitz, Alt Posttal und Wittenberg waren während der russischen Zeit über Südrussland und die Krim bis in den Kaukasus hinein bekannt. Gefolgt von den Gabelmachern von Paris und den Leitermachern aus Neu- und Alt-Elft.

Die Windmühle war zur Zeit der Ansiedlung bekannt. Die deutschen Kolonisten versuchten aber schon sehr früh, diese durch Pferde oder Bodenmühlen zu ersetzen. Da aber die Dampfmühle von den Kolonisten bevorzugt wurde konnten diese sich nicht durchsetzen.  In der Gemeinde Beresina befand sich mit 10 Walzenstühlen die zweitgrößte Mühle Bessarabiens, gefolgt von der Gemeinde Arzis. In den meisten Mühlen befand sich auch eine Oelpresse. Die größten Mühlen waren in Chisinew, Akkermann, Ismail u.a..

Das Handwerk: Gewerbe und Industrie besaßen sehr gute Entwicklungsmöglichkeiten

Kleinbetriebe wie Branntweinfabriken (Weizenbrennereien, Obst- und Weintraubenbranntwein, Brauereien, Sägewerke, Gerbereien, Töpfereien, Ziegeleien u. m.) konnten sich entfalten.  Ebenfalls bildeten sich Kleinbetriebe, wie Mechanikerwerkstätten in der Metallverarbeitung.  Allerdings nur drei große namhafte Fabriken für landwirtschaftliche Maschinen zählte Bessarabien zu der Zeit der Umsiedlung im Jahre 1940.

Viele Tuchfabriken entstanden um die Jahrhundertwende und zogen eine ansehnliche Zahl von Walkereien und Färbereien nach sich. Dort wurde die heimische Wolle aus der umfangreichen Schafhaltung verarbeitetet.

Weinverarbeitung in der Ausstellung im „Bauernmuseum Kelm“ in Friedenstal

Weinpressen, Traubenmühlen, Putzmaschinen, Maissetzer, Maisrebbler und Mähmaschinen wurden in kleineren deutschen Maschinenfabriken hergestellt.       Den Mittelpunkt der deutschen Industrie in Bessarabien bildeten die Gemeinde Tarutino gefolgt von Arzis und Sarata.

Diese „unsere Vorfahren“  bestanden eine beispiellose handwerklich- und technische Herausforderung und wurden damit zur „tragenden Säule Bessarabiens“.

Mit dem Ziel der Allgemeinheit den Reichtum Bessarabien zu zeigen fand bereits im Jahre 1925 in Chisinau eine bedeutende landwirtschaftliche Industrie-ausstellung durch die Handelskammer Chisinau statt. Mit einem ungeahnten Erfolg wurden über 300 000 Besucher registriert. Die Ausstellung konnte dadurch beachtlich zur Belebung der ökonomischen Bindungen mit den anderen Landesstellen Rumäniens beitragen.

Webstuhl in Bessarabien

Webstuhl im „Bauernmuseum Kelm“ in Friedenstal

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Bessarabien Wirtschaftswunder Landwirtschaft

Wirtschaftswunder Landwirtschaft

Der Bauer bei der Feldarbeit

Bessarabien Wirtschaftswunder Landwirtschaft, mit 82 Prozent der Bevölkerung. Die bäuerlichen Wirtschaftsbetriebe durchlebten unsägliche Not, dennoch machten Sie Bessarabien zur „Kornkammer Europas“.

 „Ehre und Anerkennung“ bessarabien-wirtschaftswunder-landwirtschaft

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Im Wirtschaftswunder Landwirtschaft Bessarabien, waren im Jahre 1930 bei einer Berufszählung 82% der bessarabiendeutschen Bevölkerung hauptsächlich in der Landwirtschaft tätig. Zusätzlich übten die Kolonisten teilweise begleitend oder hauptberuflich verschiedene handwerkliche und industrielle Berufe aus. Es folgte das Handwerk mit 12.8 Prozent, die Industrie mit 1,99 Prozent, geistige Berufe mit 1,60 % und der Handel war mit 0,85% vertreten. Ganz im Zeichen der Landwirtschaft, stand die wirtschaftliche Gliederung in Bessarabien. Für die einzelnen Handwerke und die spätere Industrialisierung in Bessarabien legten ihre Erfahrungen und Entdeckungen des ausgehenden 18. und beginnenden 19. Jahrhunderts den Grundstein.

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Der bäuerliche Wirtschaftsbetrieb

Wirtschaftswunder Landwirtschaft

Wirtschaftswunder Landwirtschaft

bessarabien-wirtschaftswunder-landwirtschaft: In Bessarabien war Landbesitz nicht nur Lebensquell, sondern auch Statussymbol. Einen der ältesten und lebenswichtigsten Wirtschaftsbereiche stellte die Landwirtschaft dar. Sich selbst mit den Bedürfnissen des Tages zu versorgen ist die Aufgabe der Urwirtschaft eines Volkes. Was Kleidung, Nahrung und Wohnung anbelangt, ein breites Feld. Das mit Hausfleiß oder Hauswerk umschriebene primitive industrielle Betriebssystem, welche der Kleinindustrie zuzuordnen ist, wurde die tragende Säule in Bessarabien. Wirtschaftswunder-Landwirtschaft, mit 82 Prozent der Bevölkerung. Die Vielfalt der bäuerlichen Erzeugnisse erforderte vom Bauern und seiner gesamten Familie ein hohes Kenntnismaß und einen hohen körperlichen Einsatz. Ihre bäuerliche Vielfalt machte Kinderarbeit unumgänglich. Mit der Erzeugung von Rohstoffen durch die Landwirtschaft, wurde die Herstellung der  Bekleidung hauptsächlich aus den tierischen Produkten wie Leder, Pelz und Wolle, sowie aus Flachsfasern hergestelltem Leinen, für die Kolonisten gewonnen.   Bessarabien-Wirtschaftswunder-Landwirtschaft

Von der Frühe am Morgen bis in die Abendstunden war in der Landwirtschaft Saison. Eine große Herausforderung für die Bäuerin und den Bauern.

Bessarabien, Wirtschaftswunder Landwirtschaft

Hof in Brienne

Bessarabien Wirtschaftswunder Landwirtschaft, mit 82 Prozent der Bevölkerung. Bepackt mit dem benötigten Pferdefutter, dem Saatkorn, Dreischarpflug, großer Egge mit eisernen Zinken und einem großen Wasserfass, begaben sich die Bauern im Frühjahr mit zwei Pferdewagen auf die teilweise 20 Km entfernten Felder. Sorgfälltig verpackt lag in der Steppenkiste das Essen für einen ganzen Tag. Dabei durfte natürlich der getöpferte Milch- und Weinkrug nicht fehlen.

Des Abends, nach einem harten Arbeitstag,  kamen sie mit ihren erwachsenen Söhnen oder Knechten vom Felde zurück. Längst hatte der Hofhund, am Klang des Kolonistenwagens, das Nahen seines Herren erkannt. Mit lautem Gebell  kündigte er das Heimkommen seiner Leute an.

Auch nach dem Abendessen gab es für die Väter und Söhne Bessarabiens noch einiges zu tun. Das Saatgetreide musste für den nächsten Tag gerichtet, die Pferde versorgt, die Ackergeräte, das Pferdegeschirr und die Wagen einer Prüfung unterzogen und in Ordnung gebracht werden. Zur Ruhe kam man erst spät abends.

Bessarabien- Wirtschaftswunder-Landwirtschaft, mit 82 Prozent der Bevölkerung. In nur wenigen Wochen brachte der Bauer seine Aussaaten in die Schwarzmeererde. Dabei handelte es sich um : Gerste, Mais, Senf, Hafer, Sommerweizen, Sonnenblumen, Rizinusbohnen und Soja, sowie Klee und anderes Grünfutter als Frühjahrssaat.

Begleitend zur Feldarbeit waren immer notwendige Arbeiten in Hof und Garten zu erledigen. Umfangreiche Arbeiten im Weinberg und das Beschneiden der Reben, sowie das Herstellen von Brennmaterial für den Winter, gehörten dazu. Letzteres wurde in einem zeitaufwendigen Verfahren hergestellt. Der Mist aus den Stallungen wurde ausgebreitet, gewalzt, später gestochen und dreimal zum Trocknen umgesetzt. Erst dann war es als Brennmaterial für den Winter geeignet.

Schon im frühen Alter von sechs Jahren wurden die kleinen Jungen und auch die Mädchen zur Feldarbeit herangezogen. Durch die Pflanzenreihen mit dem Welschkornpflügele lenkten sie „als Ausreiter“ ihr Pferd.

Die Dreschzeit war die härteste und schwerste Zeit des Jahres

Wenn Anfang Juli die Getreideernten begannen, surrten und ratterten den ganzen Tag die Mähmaschinen. Die Maschine musste unentwegt im Einsatz sein, nur die Pferde wurden ausgewechselt. So mähten die Bauern über drei bis vier Wochen circa vier bis sechs Hektar Getreide pro Tag.

Das Rollen der hinausfahrenden Erntewagen, auch Harbiwagen genannt, begann schon frühmorgens ab zwei Uhr. Schon um 7.30 Uhr an Morgen, kamen die ersten Erntewagen gemächlich, aber hochbeladen, in den Hof hineingefahren.

Bessarabien Wirtschaftswunder-Landwirtschaft, mit 82 Prozent der Bevölkerung – zur „Kornkammer Europas“.

Bis zur Umsiedlung hat sich das herkömmliche Dreschen mit Dreschsteinen in vielen Gemeinden gehalten. Dazu wurde am Dreschtag das Getreide auf dem Hof ausgebreitet und von sechs Pferden und drei Dreschsteinen, bis sich die Spreu vom Weizen trennte im Kreis gezogen. Obwohl schon vor dem Ersten Weltkrieg die Dreschmaschine eingeführt wurde und zu einer wesentlichen Verkürzung der Dreschzeit beigetragen konnte, gab man dem Altbewährten Vorrang.

bessarabien-wirtschaftswunder-landwirtschaft: Die ersten Weintrauben waren schon Anfang August reif. Mitte Juli folgten die Wasser und Zuckermelonen. In der Feuerglut konnten die ersten Maiskolben gebraten oder in Salzwasser gekocht genossen werden.

Die Kürbis- und Maiskornernte (auch Welschkornernte genannt) nahm im September für zehn bis zwölf Tage die Zeit des Bauern in Anspruch, gleichsam  gefolgt von der Weinernte.

bessarabien-wirtschaftswunder-landwirtschaft, mit 82 Prozent der Bevölkerung.

Rechtzeitig vor Wintereinbruch kümmerte sich der Landwirt um das Einbringen der Wintersaat in die Erde und das Umpflügen seiner Stoppelfelder.

Schon Anfang Dezember brachten die kalten Winter den ersten Schnee. Von einem reichlichen Schneefall hing eine gute Ernte ab, denn die Schneedecke  schützte die Wintersaaten vor dem Erfrieren und schenkte außerdem der guten Schwarzmeer-Erde die notwendige Bodenfeuchtigkeit.

Ein Hofhund als guter und treuer Hüter für Haus und Hof, durfte auf keinem Bauernhof fehlen. Aber auch als Freund und Beschützer für die Kinder, war er unentbehrlich. Wegen des Bedarfes an Federn und Daunen in den kinderreichen Kolonistenfamilien bevölkerten große Gänsescharen, häufig zwischen 30-60 Tiere, die Kolonistenhöfe. Auch die Hühnerhaltung, von bis zu 100 Tieren, bildete einen lukrativen Nebenzweig im landwirtschaftlich geführten Hof.

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Was unsere Ahnen alles konnten2

Was unsere Ahnen alles konnten2 Teil 1

Bessarabien

Vortrag von: Christa Hilpert-Kuch

Niedersachsenhof Verden, 10. Dezember 2017

Christa Hilpert-Kuch bei der Begrüßung

Christa Hilpert-Kuch bei der Begrüßung

Was unsere Ahnen alles konnten2. Als Lehrmeister wurden unsere Vorfahren durch Alexander den I. einst in die Steppe gerufen. Dort haben sie alle ihre Aufgaben im Glauben und der Hoffnung auf Gottes Rat: „Bete und arbeite“ hervorragend erfüllt. So las ich es in dem Buch von Dr. Gottlieb Hahn, verfasst noch in Bessarabien, sechs Jahre vor der Umsiedlung im Jahre 1934…https://www.bessarabien.blog/adventstreffen-der-bessarabiendeutschen-im-niedersachsenhof/

Mit ihren 150 stolzen Dörfern bezwangen unsere Vorfahren unter extremsten Umständen die karge russische Steppe und machten sie zur Kornkammer Europas.

Nur wenige unter den ersten Ansiedlern hatten ihre Pferde nach Südrussland mitgebracht. Man musste sich deshalb in der Anfangszeit zunächst mit Ochsen und Kühen vor dem Pflug behelfen

Erst später, im Laufe der Zeit änderte sich das grundlegend und das Pferd wurde zum unentbehrlichen Helfer

Die Kolonisten vollbrachten mit dieser großartigen Leistung in der neuen Erde ein großes Werk.

Nur kurz ließ der wirtschaftliche Aufstieg in den deutschen Siedlungen auf sich warten.

60 Jahre später war dieses geschehen.

Wie von Zauberhand erhob sich eine blühende Ansiedlung nach der anderen wo früher weder Gras noch ein Strauch an den Wald erinnerte. Ganze Haine von Obst-, Maulbeer- und Waldbäumen, üppige bearbeitete Wiesen mit Schafherden, Hornvieh und Pferden verschiedener ausgezeichneter Rassen wurden von reichlichem Brunnenwasser versorgt.

In dem trockenen Steppenklima schien nichts unmöglich. Das Getreide wuchs und reifte um sich herum, die Seidenraupen spannen und Bäume erhoben ihr Haupt. Zu den fruchtbarsten Ackerböden , die keiner Düngung bedarf, zählt die glänzende schwarze Erde.

Schwarze Erde

Dass die Deutschen voller Kraft eine eigene Welt unter dem östlichen Himmel schufen war der deutschen Selbstverwaltung und dem humusreichen Erdreich am Schwarzen Meer zu verdanken.

 

Ihren besonderen privilegierten Stand kirchlich und national erreichten die deutschen Kolonisten in Russland durch ihre eigene Selbstverwaltung. Vom Jahre 1763 bis 1871 (solange hatten sie ihre eigene Selbstverwaltung inne) hat das deutsche Leben unter einem sehr glücklichen Stern gestanden.

Die landwirtschaftlichen Vereine mit ihren 59 Statuten wurden erst ab dem Jahre 1850 eingeführt und wirkten sehr segensreich in den Dörfern. Sie legten Obst- und Weingärten und Waldplantagen an. Auch zur Veredelung der Pferde, Vieh- und Schafrassen trugen die Vereine bei. Desweiteren für Sittlichkeit und Fleiß unter den Bauern, für Arbeitergesetze, Aufsicht der Waisen, Verbesserung des Häuserbaus und musterhaften Anlagen und Ausbau der Dörfer mit zweckentsprechenden Schulhäusern u. v. m. .

Eine große Stütze der Landwirtschaft war das Handwerk. Ein hoher Bevölkerungsanteil, zweiundachtzig Prozent der Russlanddeutschen waren hauptsächlich in der Landwirtschaft tätig. Eggen, Putzmühlen, Wagen, Häckselmaschinen, Seidespinnapparate und andere landwirtschaftliche Artikel und Erzeugnisse stellten die russlanddeutschen Handwerker schon im Jahre 1852 her.                 

Odessa, die junge Stadt und die deutschen Handwerker

Odessas Philharmonic Theater

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Den Städten Südrusslands waren die deutschen Handwerker von großem Nutzen. Ganz auf den Schultern des deutschen Handwerkers stützt sich der Aufstieg der noch jungen Stadt „Odessa“.Zu rascher Blüte verhalf die in den 1860er Jahren einsetzende rege Schifffahrt. Ihr gesamtes Getreide verfrachteten die Regionen Cherson und Bessarabien über Odessa.

Beachtliche Erträge wurden im Jahre 1852 durch das Ackerland, die Schafzucht an Wolle und der Seidenbau in den deutschen Kolonien erbracht..

Eine wohlwollende Staatsregierung und eine gut geschulte Selbstverwaltung gepaart mit deutschem Fleiß und Ausdauer leisteten in diesem Tatarenland „Unübertreffliches“.

In die fruchtbare Steppe Russlands legten unsere Vorfahren die Samenkörner ihrer westeuropäischen Kultur und gaben ihr damit Leben und Fruchtbarkeit. Ein hohes Maß verschiedener Viehzüchtungen und ein vielfältiger Ackeranbau erforderten ein hohes Maß an Wissen und Schaffenskraft.

In allen landwirtschaftlichen und handwerklichen Fertigkeiten zeigte sich ihre Beweglichkeit.

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Wegen der baumfreien Landschaft bezeichneten sie ihre weit von den Siedlungen entfernten Ackerflächen als Steppe.

Für den Hauptanbau auf ihren Feldern an Getreide, Mais, Hülsen-Soja und Ölfrüchte, benötigten die Bauern ihre Pferde. Mensch und Tier verbrachten geraume Zeit allein bei der Feldarbeit mit Pflügen, Säen und Ernten miteinander. Sie waren ihre Arbeitskameraden und ganzer Stolz und deshalb weniger Mittel zum Erwerb.

Zu einem flurierenden Bauernbetrieb gehörten drei bis sechs Pferde.

Die Landwirtschaft und der Weinanbau

Der Weinanbau brachte vor allem wirtschaftlichen Erfolg. Günstige Anbaubedingungen boten besonders die flachwelligen Hänge des Hügellandes. Auf ihrem Hofgrundstück baute jede deutschstämmige Bauernwirtschaft Wein für den Eigenbedarf an.

Mit eigenem Obst-, Gemüse- und Krautgarten war zum größten Teil jeder Bauernhof Selbstversorger. Als Brennmaterial diente der anfallende Dung aus der Tierhaltung. Wegen der hohen Bodenfruchtbarkeit wurde dieser nicht benötigt und für den Winter zum Heizen getrocknet. Das feinwollige Karakulschaf der weitverbreiteten Schafhaltung war besonders von den männlichen Siedlern für die Herstellung der typischen schwarzen Pelzmützen begehrt. Eine Selbstverständlichkeit auf jedem Hof war die Federviehhaltung. An einer bis zu 50 Meter breiten von Akazien gesäumten Straße lagen ihre Bauernhöfe in den Kolonistendörfern. Im zentralen Dorfbereich, dort wo sich die Kirche oder das Bethaus befand wurde die breite Straße oft nur durch eine Quer- oder Kreuzstraße gekreuzt.

Dorfplan von Arzis

Durch die innere Kolonisation wurde das deutsche Element zu einem wahren Kulturelement Russlands.

Noch heute leben und profitieren in den ehemaligen Ansiedlungen der Deutschen andere gemischte Volksgruppen und profitieren von ihren Vorgängern

Schule und Kirche

Der Steppendom in Sarata

Die autonome Kirche und Schule gehörte vor allen Dingen auch zur eigenen Selbstverwaltung der Siedler.  Mit der Errichtung stolzer Kirchen wetteiferte man sogar untereinander.  In dem Bau eines eigenen Gottes- bzw. Bethauses waren auch arme Gemeinden bestrebt. Unter dem Kirchdach blieben die Siedler nicht nur fromm, sondern auch deutsch. Unter dem Schutze der Kirche standen die Sprache, Sitten und Bräuche. Neben dem kirchlichen Leben blühte auch das Schulische. Fleißige Arbeit leistete die Kirchenschule in jedem Dorf und verlangte eine strenge Schulpflicht.

In späteren Jahren wurden die strengen Schulregeln für den Schul- und Katechismusunterricht den bäuerlichen Erfordernissen mit der erforderlichen Kinderarbeit für Haus und Steppe angepasst und bei Verstößen mit hohen Geldstrafen an die Eltern, Vormünder oder Erzieher geandet.

Sogenannte Zentralschulen wurden in größeren deutschen Gebieten gegründet, die Lehrer für die Gemeinden heranbildeten.

Aus den Kolonistenknaben sollten Landmesser und Architekten, tüchtige Lehrer und Schreiber für die Dorfschulen und Dorfämter herangebildet werden. Dieses hatte sich die Wernerschule von Sarata zur Aufgabe gestellt

Der junge Kolonistensohn wurde neben der Schule auch gleichzeitig für den landwirtschaftlichen Beruf erzogen.

Was unsere Ahnen zuwege brachten

Beinahe ungestört bis zum Jahre 1871 konnten sich die Kolonien wirtschaftlich und kulturell entwickeln. Der innere Ausbau der Dörfer war gerade um diese Zeit vollendet. Alles stand im Zeichen der höchsten Blüte. Unübertroffen stand in der Welt da, was deutsches Können unter dem russischen Himmel zuwege gebracht hatte.      Was unsere Ahnen alles konnten:               Wunderschöne und stilvolle deutsche Dörfer legten ein Zeugnis geleisteter Kulturarbeit ab. Wogende Weizenfelder überzogen die Steppenerde und hatten die Schwarzmeersteppe in ein fruchtbares Land verwandelt.

Der russische Bauer stand staunend davor, zu groß und für ihn nicht nachvollziehbar kam ihm das alles vor und schürte natürlich auch den Neid.

Was unsere Ahnen alles konnten2. Eine große Epoche war bis zu diesem Jahr 1871 abgeschlossen. Mit schwerwiegenden Folgen schlug das verständnisvolle Russland der Vergangenheit ganz neue Töne an. Das Versprechen Alexander des I. wurde mit dem Raub der Privilegien aufgehoben.

Mit der Vernichtung des Fürsorgekomitees und der Auflösung der deutschen Verwaltungsbehörde, schlug man den Siedlern den geistigen Kopf ab.

Sogleich wurde die russische Sprache in den deutschen Dorfkanzleien eingeführt und fortan waren ihre Ansiedlungen dem russischen Verwaltungskörper unterstellt.

Durch die erfolgte Russifizierung wurde den Deutschen jegliche Aussicht auf eine gute Zukunft ohne ihre Denker genommen.

Grosse Auswanderungswelle um 1874

Ein Sturm der Entrüstung ging mit der Ausdehnung der allgemeinen Wehrpflicht im Jahre 1874 durch die Dörfer und hatte eine große Auswanderungsbewegung zur Folge.

In der Hauptsache waren Nordamerika mit Nord- und Süd-Dakota, Nebraska, Oregon, Kansas, Ohio, Kanada u.a.die Auswanderungsziele. Der in Amerika lebenden Russlanddeutschen zählte man im Jahre 1934 auf 500 000 Seelen.

Auch eine Rückwanderung nach Deutschland setzte im Jahre 1900 ein.

In der Führung deutsch blieb die Dorf- und Gebietsverwaltung, wenngleich auch die Kanzleibücher russisch geführt werden mussten.

Autonom in jeder Hinsicht blieb die Kirche, die beste Hüterin deutscher Eigenart, deutschen Selbstbewusstseins und strenger deutscher Sitte. Nicht die Schule sondern die Kirche war die Hauptstütze und Trägerin deutschen Wesens auf russischer Erde.

Im August 1914 wurden die Deutschen aus ihrer Arbeit gerissen. Mit dem Krieg von 1914 bis 1918 stand den Deutschen ein schwerer Gang bevor. Niemand glaubte das diese Leidenszeit vier Jahre andauern würde und die fruchtbare Erde, vieler deutschen Bauern, zu ihrem Massengrab und Todesacker wurde.

Ein hochragendes Ehrenmal am Ortseingang von Klöstitz mit Namen deutscher Kriegsopfer aus dem 1. Weltkrieg erinnert heute noch daran.  Not und Sorge stürmte über das Deutschtum herein. Im Kaukasus mussten viele deutsche Väter und Söhne an Typhus und von Kugeln getroffen sterben.

Wie schrecklich die Fremde ohne jeglichen Schutz sein kann, merkte man jetzt.

Mit dem Sturz des Kaisers im Frühjahr 1917 endete der Druck von oben. Das dem Zerfall anheim gefallene kolonistische Leben galt es nun wieder aufzubauen.

Es kam dieWende.                                                                                                     

Die Rumänen rückten im Dezember 1917 nach Bessarabien ein und retteten über Nacht das bessarabische Deutschtum vor dem Untergang. Auf russischer Erde war eine Epoche deutschen Werdens zu Ende gegangen.

Bessarabien musste von den anderen unglücklichen deutschen Schwarzmeer-Brüdern und Schwestern Abschied nehmen.  Die Bessarabiendeutschen konnten ihnen nicht mehr helfen.

Eine Weiterentwicklung von den blühenden deutschen Kolonien am Schwarzen Meer war nur den bessarabischen deutschen Siedlern durch die Einverleibung an Rumänien beschieden. Der Volksrat und der Wirtschaftsverband wurde nach dem Krieg in Bessarabien für die Überwachung der völkischen und der wirtschaftlichen Belange geschaffen. Im Gebiet Handel und Gewerbe wird von einer an die Scholle gebundene Masse nicht so schnell heimisch. Eine zielgerichtete Erziehung der Jugend sollte deshalb in diesem Sinne neue Entwicklungsmöglichkeiten und neuen Lebensraum bringen.  Für eine rationelle Landwirtschaft und Gewerbe waren zweckentsprechende Schulen in Arzis die Folge.

Was unsere Ahnen alles konnten2!

Das Tarutinoer Knaben- und Mädchengymnasium und das Knabenseminar von Sarata wurden in eine deutsche Lehranstalt umgewandelt. Die Dorfschulen früher von den Kirchengemeinden getragen, gingen an den Staat über und verloren damit ihre Autonomie bis zur Umsiedlung im Jahre 1940.  “ Was unsere Ahnen alles konnten“: Geschichte der Russlanddeutschen, insbesondere der Bessarabiendeutschen Einwanderer. Vortrag:Christa Hilpert-Kuch

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